Ö1 – Dienstag, 2. Februar 2021 um 16:05 Uhr
Seit Ende der 1990er Jahre lebt Bachtyar Ali unbeachtet als Autor in Deutschland. Erst 2016 wird der Literaturbetrieb auf ihn aufmerksam. Als vierzehn Jahre nach Erscheinen sein Roman ‚Der letzte Granatapfel‘ ins Deutsche übersetzt wird. Der erste kurdisch-irakische Roman überhaupt.
Im Nordirak, seiner Heimat, genießt Ali zu dieser Zeit längst Kultstatus. Hierzulande fragen sich Kritiker, wie sich ein solcher Autor so lange vor unserem Buchmarkt verbergen konnte? Die Antwort liegt auf der Hand. Bachtyar Ali schreibt auf Sorani, einer Variante des Südkurdischen, das kaum zehn Millionen Menschen sprechen, viele von ihnen sind Analphabeten. Übersetzer aus dem Sorani gibt es eigentlich nicht. Dass mittlerweile zwei weitere Romane von ihm erschienen sind, ‚Die Stadt der weißen Musiker‘ und ‚Perwanas Abend‘, ist auch dem Engagement kurdischer Leser zu verdanken. Bachtyar Ali wächst während der Diktatur Saddam Husseins auf. Sein politischer Widerstand bringt ihn als Student ins Gefängnis. Dort beginnt er zu schreiben und verarbeitet die gewaltvolle jüngere Geschichte der Kurden im Irak literarisch. Die Ingredienzien seiner Prosa: die mündliche Erzähltradition und eine an den magischen Realismus erinnernde Phantasie. (Hördat) hier