Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 488 – Von Armin Thurnher
Heute setze ich die Berichte aus meinem Leben mit dem ORF aus. Karl Heinz Bohrer ist gestern gestorben. Ein schwieriger Schriftsteller, ein bedeutender Intellektueller, sperriger Denker, Freund Ulrike Meinhofs, als Literaturchef der Frankfurter Allgemeinen Vorgänger Marcel Reich-Ranickis, Universitätslehrer… cms.falter.at
»Ab und zu, aber regelmäßig, kam ein schweigsamer Schriftsteller in die Redaktion. Er besuchte vor allem Anneliese Ruppel, Ruppeline, die mit einem enormen Mundwerk begabte Sekretärin, intelligent, völlig respektlos, hessisch. Meinen auf Abgehobenheit hinauslaufenden Ton hatte sie eines Tages mit der Zigarettenmarke »Lord Extra« etikettiert. Der Schriftsteller hatte eine eigentümliche Angewohnheit. Er sagte nicht viel, außer einem Satz: „Könnten wir nicht eine Rindswurst essen gehen?“ Damit zielte er auf die scharfe Mettwurst in der Kantine. Beim ersten Mal wusste ich nicht, wer er war, und fragte beim nächsten Mal Ruppeline, wie er denn heiße: „Das ist der Österreicher Thomas Bernhard.“ Ich war baff. Er hatte kürzlich den Büchner-Preis bekommen. Warum dieser große Schweiger ausgerechnet mit mir immer die Rindswurst essen gehen wollte, ist nie geklärt worden.
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