Gawan Fagard: … Daneben gibt es aber auch den Garten, der sich einer Überlieferung nach im Hindukusch befand und den keiner je betrat…
Alexander Kluge: Es gibt ja diesen Garten wirklich – oder die Möglichkeit des Gartens. Britische und russische Geographen hatten im Krimkrieg in Afghanistan Landvermessung betrieben. Sie legten einen langen Streifen zwischen Russland und Indien, in dem man im Grunde nicht angreifen durfte. Dieses Land ist von Menschen fast unbetreten. Davon handelt die Geschichte. Sie spielt an einem Ort, der von Menschen nicht „entweiht“ wurde. Dieser Ort ist noch die Natur. Viel Natur gibt es nicht auf der Welt…
Dass man einen völlig unbekannten Ort auch als hortus conclusus verstehen kann; als einen geschlossenen Garten. Den würde man dort suchen können. Jetzt muss man aber einen Moment lang überlegen was Garten eigentlich heißt. Paradies heißt ja auf Persisch „Garten“. Das ist ein Garten Eden, wie er im Alten Testament beschrieben wird…
Der Garten entnimmt der Wüste etwas, profitiert mitunter vom Nutzen des Ackers und bändigt den Überfluss des Dschungels. Der Garten ist luxuriös. Das einzige was der Adel je Positives hervorgebracht hat. Dieser Aspekt des Gartens hat noch mal eine Struktur, an der Tarkowski und ich extrem interessiert sind. Der Garten der mittelalterlichen Klöster, im 12. Jahrhundert meinetwegen, das ist die Bildung überhaupt…
All das gehört zum hortus conclusus als einem umschlossenen Garten. Der Garten ist eigentlich der Kern der Bildung, der Kern dessen, was wir in uns tragen, was wir gemeinsam haben…
In: http://www.kluge-alexander.de/zur-person/gespraeche-mit/details/artikel/die-fliege-im-bernstein-1.html – Die Fliege im Bernstein – all-over | Magazin für Kunst und Ästhetik
Alexander Kluge über Rudolf Steiner und Andrei Tarkowski – Teil 1 +2
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