Durs Grünbein über einen verblüffenden Originaltext
Der Physiker Galileo Galilei schrieb 1587 für die Akademie von Florenz einen verblüffenden Text: „Vermessung der Hölle nach Dante Alighieri“.
Dante hatte in seinem berühmten Versepos „Die Göttliche Komödie“ eine Wanderung beschrieben, die er in Begleitung des antiken Dichters Vergil durch Hölle und Fegefeuer bis zum Paradies unternimmt. Luzifer, der wie ein Komet ins Erdreich gestürzte Engel, hat ein tiefes Loch geschlagen: das Höllenreich. Es findet sich unterhalb von Jerusalem. Den tiefsten Punkt des Kraters bildet ein Eissee, in dem Luzifer ruht. Vergil und Dante wandern von seinem Bauchnabel den Oberschenkel hinab bis zu seinem Fuß. Benachbart liegt die Teufelstadt. Das Erdgewölbe über dem Höllenreich hat eine Stärke von 405 12/22 Meilen.
Dieses poetische Kolossalgemälde nimmt der Physiker Galilei zum Ausgangspunkt, um mit den Mitteln der exakten Wissenschaft Ort und Einzelheiten der Hölle zu rekonstruieren.
Der Büchner-Preisträger Durs Grünbein hat dieses absurde Aufeinandertreffen von Fiction und Faction in seinem neuesten Buch mit dem Titel „Galilei vermisst Dantes Hölle“ beschrieben.
PRIMETIME VOM 19.05.1996
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