RBB Kultur – Freitag, 18. Dez 2020 um 19:00 Uhr
Lissy zaudert. Und macht damit ihrem Mann, aber vor allem sich selbst, das Leben nicht unbedingt einfacher. Bettie I. Alfreds neuestes Hörspiel besticht durch sepiagefärbte Atmosphäre und zu Tränen rührende Komik.
„Zauderwut“ ist der zweite Teil der sogenannten „Wut-Trilogie“, deren Auftakt die „Reisewut“ war, in der ein Mädchen über ihr Alleinsein mit einem Vater ohne Mutter berichtete. Nun geht es um die erwachsene, grössenmässig ziemlich klein gebliebene Lissy Heiliger. Eine nervös-zerstreute Frau mittleren Alters. Sie bespricht notorisch Tonbänder, rekapituliert und protokolliert, manchmal beängstigend genau. Gegenwärtiges verschwimmt mit Erinnertem. Sie ist alt und jung zugleich. Der Mann ist bei ihr, und doch erreicht er sie nicht. Auch einen Vater gibt es. Aber der ist in gewisser Weise nur noch ein „halber Vater“, denn er lebt in einer Anstalt und zeichnet den ganzen Tag Labyrinthe. An Lissy kann er sich nicht mehr so recht erinnern.
„Zauderwut“ ist ein minimalistisch gefertigtes Hörspiel, das einen mit wehmütiger Eigenwilligkeit und seiner Komik des Scheiterns hineinzuziehen vermag in den menschlichen Kosmos einer zaudernden Seele.
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