SWR 2 – Sonntag, 11. April 2021 um 18:20 Uhr
Am 11. Mai 1960 schnappte der israelische Geheimdienst Mossad in Argentinien Adolf Eichmann alias Ricardo Klement und brachte ihn nach Israel. Der Hauptorganisator der Shoa hatte ab 1941 im Reichssicherheitshauptamt RSHA, Sektion IV B 4 (Judenangelegenheiten, Räumungsangelegenheiten) die Deportation und Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden geplant und geleitet. Zur Vorbereitung seines Prozesses verhörte ihn der israelische Polizeioffizier Avner W. Less rund 35 Tage lang.
Jochen von Lang hat aus den 3564 Seiten starken Protokollen dieser Verhöre entscheidende Passagen zusammengestellt. Der Wortlaut blieb unverändert. So werden Eichmanns Sprechweise erlebbar, die sich auf den Verwaltungsjargon und auf Sprachschablonen beschränkte, sein streng hierarchisch strukturierter Charakter, dessen Subalternität kein Gefühl für persönliche Verantwortung zuliess, und schliesslich sein Hang zum Grandiosen und zur Radikalität als Kompensation seines Nichtigkeitsgefühles.