In einem realsatirischen Brief vom Mai 1929 betrachtet Karl Valentin seine „jetzige armselige Lage“, wobei er zugleich in allgemeineren Zusammenhängen denkt. Er betont, man könne „stundenlang über die Welt und deren Angehörige kritisieren“. Was sein eigenes Befinden angeht, liest man, wie Valentin mit bitterem Humor die Klippen der Reflexion – und der Rechtschreibung – nimmt: „Amor fati – ja, ja, nein, nein, und doch ist es so, aber genug von dem, es ist immer das gleiche, ob so oder so – ja, ja, es ist schwer, und trotzdem leicht, nicht direkt leicht, ungefähr halbschwer wenn man so sagen darf, warum soll man nicht darfen, es ist unleicht, der miesen Miseere zu entschlüpfen, man steckt eben drinn, und wenn man schon einmal drinn steckt, geht es einem genau so, wie einem, der auch drinn steckt.“ Die valentinesken Gedankenverstrickungen – erstaunlicherweise entstand der Text auf dem Höhepunkt von Valentins Karriere als Komiker – bergen Lebensweisheit…
Wolfgang Schröder: Vom Gähnen und Schlucken des Abgrunds: Ulrich Horstmann, Karl Valentin, Friedrich Hölderlin. (2018)
27. Juli 2018 von ralphbutler