Ist vom „Unheimlichen“ die Rede, wird ein ebenso breites wie diffuses semantisches Feld aufgerufen. Horror, Schauer, Schrecken, allerlei Spukhaftes und Gespenstisches, aber auch Fremdheits- und Entwurzelungserfahrungen sind mit diesem allgemein gebräuchlichen und dennoch schwer fassbaren, sich stets entwindenden und doch beständig wieder auftauchenden – und dadurch gewissermaßen selbst unheimlichen – Begriff verbunden, der sich in der Nachbarschaft zum Phantastischen, Grotesken, Numinosen oder Erhabenen bewegt und rege Austauschbewegungen mit diesen Bereichen unterhält.
Einer der ersten Autoren, dessen unheimliche Geschichten ein breites Publikum erreichten, war Horace Walpole, der vor allem für seine gothic novel „Das Schloß Otranto“ (1764) berühmt wurde. Zahlreiche Adepten schlossen sich seinem Beispiel an und bereiteten ihren Rezipienten mit einem Konglomerat aus unheimlichen Gestalten, Orten und Begegnungen bald wohliges, bald verstörendes Unbehagen. Vom Schauerroman der Spätaufklärung über die „Schwarze Romantik“ und die Klassiker der literarischen Phantastik bis hin zu modernen Horrorproduktionen in der Literatur und in audiovisuellen Medien hat das Unheimliche nichts von seiner Faszinationskraft verloren.- literaturkritik.de